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SPRACHE
Verbildlichung und Sprache
Obschon nach deren jeweils eigenen MEDIALITÄT wesentlich getrennt, sind dennoch Sprachlichkeit und Bildlichkeit als kulturelle Modi symbolischen Handelns mehrfach miteinander verknüpft: Ergänzend, wie - alltäglich zu merken - am TV-Schirm, im Kino, auf Werbeplakaten etc.
'Gemeinsame' Metatheorie - oder die 'zusammenfassende' theoretisch formulierte Basis - der kulturellen Äußerungen ist die Semiotik. Als generelle Theorie der Zeichen und Bezeichnung gelingen damit die Beschreibung und Erklärung spezieller Verständigungsmuster in der Vermittlung und Verwendung (Herstellung, Austäusche, Interpretationen) von Zeichen und Zeichenstrukturen in den kulturellen Kontexten. Soweit dabei neben allgemeinen Theorien der Kommunikation, Information und Kognition auch auf die Medienspezifika referiert wird, sind die typischen Differenzen der Narrativität von Text und Bild (was Bilder 'erzählen'), dem Wissen (als das 'Begriff'ene) und der Wissensstrukturen etc. dar zu stellen. Dass dabei 'praktisch' auch akademische Disziplinarität (WISSENSCHAFTLICHKEIT) wirkt - neben historischen Entwicklungen (ZUR GESCHICHTE DER BILDLICHKEIT) und gesellschaftspolitischen Prägungen - ist evident. Eine bemerkenswerte Verknüpfung von Sprachlichkeit und Bildlichkeit entwickelte OTTO NEURATH mit der 'International Picture Language/ Internationale Bildersprache' (1936). Sie ist die formale Grundlage für das ISOTYPE (International System Of Typographic Picture Education) - System, einer elaborierten Form der Bildstatistik (BILDSTATISTIK UND INFOGRAFIK), die im Zentrum seiner -i nternationalen - Bildpädagogik steht und dem Credo folgt 'Was man durch ein Bild zeigen kann, soll man nicht mit Worten sagen'. Methodologisch nach der strukturalistischen Semiotik besteht diese Bild(er)sprache aus einer (endlichen) Menge von Bildsymbolen, den "Piktogrammen" als "visuelle Einheiten" mit eindeutiger Referenz, entsprechend dem Wörterbuch ("Isotypelexikon"). Die Einzel'elemente' können durch (ideo-) grafische Veränderungen attribuisiert und nach einer visuellen 'Grammatik' (syntagmatisch/ paradigmatisch) so miteinander verknüpft werden, dass damit Quasi-Sätze entstehen, d.h. verbildlichte Aussagen. Etabliert wird so mit der 'Piktogrammatik' eine Systematik von 'lesbaren' Symbolen, aus der unter Einbeziehung der Linearität der schriftlichen Lesegewohnheit (von links oben nach rechts unten) ganze 'Texte' gebildet werden. Insoweit Neurath dabei durchwegs sozialwissenschaftliche Themen abhandelt,
ist die ISOTYPE-Sprache pädagogisch eine 'Sprache' des argumentativen
Übersetzens; ein Medium der Vermittlung von (Herrschafts-) Wissen
an Laien, die Wissenschaftssprache nicht verstanden, bisweilen sogar die
eigene Alltagssprache kaum lesen konnten.
Dr. Peter
Bettelheim
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