Inhalt:
|
Sprachlabor
Syntax Eine syntaktische Theorie beinhaltet die Regeln und Prinzipien, nach
denen Wörter (der deutschen Sprache) zu Sätzen zusammengefügt
werden können. Sätze sind nicht beliebige Anordnungen von Wörtern,
sondern sie haben eine interne Struktur. Die sieben Wörter die, gern,
Katze, auf, Sofa, liegt, dem lassen sich auf verschiedene Weise anordnen.
Jedoch ergeben nur die Abfolgen in (I) und (II) grammatisch wohlgeformte Sätze, während die Anordnungen in (III) und (IV) zu 'Wortsalat' führen. Sieben Wörter lassen sich auf 7! = 5040 (lies: sieben Fakultät, rechne: 1 x 2 x ... x 7) Möglichkeiten kombinieren. Es läßt sich leicht feststellen, daß die sieben Wörter aus (1) nur bei zwölf der verschiedenen Anordnungen grammatisch korrekte Sätze sind. Diese Feststellung führt zu der folgenden Überlegung: Die Menge der möglichen Wortketten ist sehr groß. Die Menge der Sätze, die in der Menge der möglichen Wortketten enthalten ist, ist relativ dazu klein. (Dennoch sind beide unendlich groß!) Das Diagramm verdeutlicht diese Situation:
Wie können wir -als kompetente Sprecher der deutschen Sprache- entscheiden, welche Wortkette ein grammatisch wohlgeformter Satz ist? Eine Antwort wäre etwa, daß dies aufgrund unserer sprachlichen Intuition möglich ist. Wir wollen nun wissen, was es heißt, sprachliche Intuitionen zu haben und wie sich diese näher bestimmen lassen. Der Begriff sprachliche Intuition ist nicht sehr präzise. Wir wollen daher sagen, daß Sprecher über ein grammatisches System verfügen, dessen Regeln sie zwar richtig anwenden können, im allgemeinen aber nicht wissen, daß und wie sie es tun. Die Kenntnisse, die notwendig sind, um wohlgeformte Sätze zu produzieren, werden unbewußt angewendet. Als Linguisten wollen wir diese Kenntnis genau angeben. Dazu formulieren wir eine linguistische Theorie. Sie soll so beschaffen sein, daß sie einen theoretischen Apparat zur Verfügung stellt, der genau die gleiche Menge der grammatisch wohlgeformten Sätze zu erzeugen vermag, wie es in den o.g. Beispielen aufgrund der Intuition von Sprechern möglich ist. Da Sprecher die (unbewußten) Kenntnisse ihres grammatischen Systems verwenden, um Sätze von ungrammatischen Wortketten zu unterscheiden, expliziert eine linguistische Theorie also gerade diese unbewußte Kenntnis. Das Diagramm zeigt auf der linken Seite, daß die Festlegung der
Satzmenge auf mental verankerten grammatischen Kenntnissen beruht (unsere
sprachliche Intuition). Es zeigt auf der rechten Seite, daß diese
Festlegung auch durch die in einer Theorie formulierten Hypothesen geleistet
werden kann. Wenn nun die beiden Mengenkonstruktionen im unteren Teil des
Diagramms identisch sind, was durch das Zeichen '' (für Äquivalenz)
ausgedrückt wird, so haben wir guten Grund zu der Annahme, daß
auch die beiden Systeme im oberen Bereich identisch sind. Das bedeutet
aber, daß wir nicht nur das grammatische System einer natürlichen
Sprache angegeben haben, sondern auch, daß wir eine Theorie über
das mental verankerte Sprachsystem formuliert haben.
|
![]() |