Inhalt:
Einleitung
Pressemeldung
Meinungen
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Werbung - ein heißes Eisen?
Wer kennt diese Bilder nicht? Das neugeborene Baby mit Nabelschnur,
der Elektrische Stuhl, Priester küßt Nonne. Allen gemeinsam
der Vermerk UNITED COLORS OF BENETTON. Aber aus dieser Ecke der Werbung
ist es heute ruhiger geworden. Dafür braut sich in Deutschlands Werbelandschaft
etwas Neues zusammen:
Die vergleichende Werbung
Was vergleichende Werbung nicht ist, zeigt unser Bild 'Engel
mit Teufel'.
Um das Thema vergleichende Werbung, dessen Grundlage mit Schaffung
der EU-Richtlinie 97/55/EG vom 23.10.1997 gelegt wurde, aus verschiedenen
Blickwinkel zu beleuchten, veröffentlichen wir die nachfolgenden Meinungen,
Ansichten und Fakten. Falls Sie nur etwas kurz Gefaßtes zum Thema
Werbung - wie
und wo? wissen wollen, dann sollten Sie den Link ausführen.
reuters teilte mit
Bundesgerichtshof: Vergleichende Werbung ist erlaubt
"Karlsruhe - Der Bundesgerichtshof (BGH) hält vergleichende Werbung
in Deutschland grundsätzlich für zulässig. Der Erste Zivilsenat
des Gerichts habe entschieden, daß vergleichende Werbung nicht mehr
als unlauter angesehen werden könne, teilte das Gericht ...
Dies gelte, wenn die Werbung den Anforderungen
einer entsprechenden europäischen Richtlinie entspreche. Die Richtlinie
müsse von den Mitgliedern der Europäischen Union bis April 2000
umgesetzt werden.
Nach der BGH-Entscheidung sei die Regelung aber
schon ab heute zu berücksichtigen. (I ZR 211/95 und I ZR 2/96) Nach
der EU-Richtlinie sei vergleichende Werbung grundsätzlich zulässig,
wenn der Vergleich nicht irreführe, erklärte der BGH.
Weitere Voraussetzungen seien, daß nachprüfbare Eigenschaften
verglichen und Konkurrenten nicht herabgesetzt oder verunglimpft würden.
Nach deutschem Recht sei es Firmen - von Ausnahmen abgesehen - bislang
nicht erlaubt gewesen, sich in der Werbung auf Konkurrenten zu beziehen
oder mit ihnen zu vergleichen. Die geänderte Rechtsprechung des BGH
basiert nach Angaben des Gerichts auf zwei bislang unveröffentlichten
Entscheidungen über einen Produkt- und einen Preisvergleich.
Werbewirtschaft: "Nicht losschlagen, wie in den USA" Der Zentralverband
der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) wies darauf hin, daß sich mit
den Entscheidungen für die Firmen zunächst grundsätzlich
kaum etwas ändere. "Es ist nicht so, daß die Unternehmen jetzt
losschlagen können wie in den USA", erklärte ZAW-Sprecher Volker
Nickel in Bonn. Dazu sei die europäische Richtlinie zu kompliziert.
Zudem gebe es zahlreiche Unklarheiten. "Es ist noch nicht mal sicher, ob
man den nackten Preisvergleich machen darf." Daher werde es Rechsstreitigkeiten
geben. Darüber hinaus sei es wichtig zu fragen, wann es für Unternehmen
überhaupt Sinn mache, sich mit anderen Firmen zu vergleichen."
Und hier nun einige Meinungen...
Vergleichende Werbung
von
RA Helmut Becker, Anwaltskanzlei Becker & Drechsel, Konstanz
Die Europäische Union hat eine Richtline zur vergleichenden Werbung
in der EU erlassen (Richtlinie 97/55/EG, veröffentlicht im Amtsblatt
Nr. L 290 vom 23.10.1997, S. 18). Die Richtlinie muß von den Mitgliedsstaaten
bis spätestens April des Jahres 2000 in nationales Recht umgesetzt
werden, d.h. nationale Rechtsvorschriften, die mit der Richtlinie nicht
in Einklang stehen, müssen geändert werden.
Die bisherige Richtlinie über irreführende Werbung (84/450/EWG)
erfährt durch die neue Richtlinie eine seit langen erwartete und von
vielen ersehnte Ergänzung.
Für Deutschland bedeutet dies, daß das bisherige von vielen
als zu streng angesehene Verbot der vergleichenden Werbung wegfallen
muß.
Der Vergleich in der Werbung darf sich nach der Richtlinie beziehen
auf Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen, zu denen auch der Preis
gehört. Diese Eigenschaften müssen jedoch nachprüfbar sein
und die Waren/Dienstleistungen müssen dem gleichen Bedarf oder derselben
Zweckbestimmung dienen. Darüberhinaus sieht die Richtlinie jedoch
eine Vielzahl von Voraussetzungen für die Zulässigkeit der vergleichenden
Werbung vor; so insbesondere:
-
Die vergleichende Werbung darf nicht zu Verwechslungen führen.
-
Die Marken, Fabrikate oder Dienstleistungen des Konkurrenten dürfen
nicht herabgesetzt werden.
-
Der Ruf einer Marke oder eines Handelsnamens darf nicht in unlauterer Weise
ausgenutzt werden.
-
Sonderangebote müssen klar als solche gekennzeichnet werden und ihre
Dauer muß angegeben sein.
Die Richtlinie definiert einige wesentliche Begriffe, z.B. bedeutet:
"Werbung" jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels,
Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von
Waren oder Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher
Sache, Rechte und Verpflichtungen zu fördern.
In einem Urteil vom 23.04.1998 (I ZR 2/96) hat der Bundesgerichtshof
(BGH) entschieden, daß die durch diese Richtlinie vorgegebene Richtung
im deutschen Recht nicht erst dann zu berücksichtigen ist, wenn sie
vom Gesetzgeber umgesetzt worden ist. Vielmehr kann eine vergleichende
Werbung, die den Maßstäben der Richtlinie entspricht, schon
heute nicht mehr als unlauter angesehen werden. |
Vergleichende Werbung
Pressestelle
der IHK Koblenz
Auch wenn die vergleichende Werbung zukünftig europaweit, d.h.
auch in Deutschland, grundsätzlich erlaubt ist, ist nach wie vor Vorsicht
bei diesem Thema geboten. Anlaß für zahlreiche Pressemeldungen
in den vergangenen Wochen sind zwei Urteile des Bundesgerichtshofes, in
denen dieser seine bisherige Rechtsprechung zur vergleichenden Werbung
geändert und der EU-Richtlinie des Europäischen Parlamentes und
Rates angepaßt hat. Im Ergebnis ist festzuhalten, daß vergleichende
Werbung bereits heute, auch ohne entsprechende Umsetzung in nationales
Recht, zulässig ist. Ein Verstoß gegen § 1 UWG liegt nicht
vor, soweit die Werbung den Anforderungen der EU-Richtlinie entspricht.
Die pauschalen Pressemeldungen zur künftigen Zulässigkeit
vergleichender Werbung haben aber zu Mißverständnissen in Händlerkreisen
geführt. Sowohl die EU-Richtlinie als auch die beiden genannten Entscheidungen
des BGH führen nicht zu einer grundsätzlichen Freigabe der vergleichenden
Werbung. Sie ist vielmehr nur dann zulässig, wenn die Voraussetzungen
der Richtlinie beachtet werden. Hierzu gehören:
-
Die vergleichende Werbung darf nicht irreführend sein.
-
Der Vergleich muß sich auf Waren oder Dienstleistungen für den
gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung richten.
-
Der Vergleich muß objektiv sein und sich auf eine oder mehrere wesentliche,
relevante, nachprüfbare oder typische Eigenschaften dieser Waren und
Dienstleistungen beziehen, zu denen auch der Preis gehören kann.
-
Durch den Werbevergleich darf auf dem Markt keine Verwechslung zwischen
dem Werbenden und einem Mitbewerber oder zwischen Marken, den Handelsnamen,
anderen Unterscheidungszeichen, den Waren oder den Dienstleistungen des
Werbenden und denen eines Mitbewerbers verursacht werden.
-
Durch den Werbevergleich dürfen weder Marken, die Handelsnamen oder
andere Unterscheidungszeichen noch die Waren, Dienstleistungen, die Tätigkeiten
oder die Verhältnisse eines Mitbewerbers herabgesetzt oder verunglimpft
werden.
-
Bei Waren mit Ursprungsbezeichnungen darf sich der Vergleich in jedem Fall
nur auf Waren mit der gleichen Bezeichnung beziehen.
-
Der Werbevergleich darf den Ruf einer Marke, eines Handelsnamens oder anderer
Unterscheidungszeichen eines Mitbewerbers oder den Ruf der Ursprungsbezeichnungen
von Konkurrenzerzeugnissen nicht in unlauterer Weise ausnutzen.
Die vorgenannten Kriterien wurden aber in der Vergangenheit schon immer
im Rahmen der vergleichenden Werbung angewendet.
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Vergleichende Werbung
Redaktion
von geld-online, Kreissparkasse Clausthal-Zellerfeld
In Deutschlands Werbelandschaft braut sich etwas zusammen. Firmen, Werbeagenturen
und nicht zuletzt Heerscharen von Rechtsanwälten stehen angesichts
vergleichender Werbung vor neuen Problemen.
Telekom und MobilCom tragen ihren Streit um die niedrigeren Telefonkosten
in ganzseitigen Anzeigen in Tageszeitungen und TV-Werbespots aus. Das günstigere
Auto gibt es bei Sixt, oder vielleicht doch bei Europcar zu mieten!? McDonald's
und Burger King preisen jeweils die knusprigeren Pommes und Fleischbrötchen
an. Zurückhaltung ist nicht mehr gefragt, der Mitbewerber wird direkt
ins Visier genommen.
Noch hört man hin, wenn sich die Konkurrenz streitet. Doch bald
wird vergleichende Werbung auch in Deutschland völlig normal sein.
Ist bei vergleichender Werbung alles erlaubt? Im Frühjahr hatte der
Bundesgerichtshof vergleichende Werbung unter bestimmten Voraussetzungen
erlaubt.
Der Kampf Telekom gegen MobilCom hat nach Ansicht mächtiger Werbeagenturen
wie Scholz & Friends oder KNSK/BBDO aber nichts mehr mit Werbung zu
tun. Das sei schlichte Verletzung des Wettbewerbsrecht, hört man aus
dem Munde der Kreativen. In Deutschland fehle eine echte Wettbewerbskultur,
wird dagegen von anderer Seite widersprochen. In den USA würde nach
einem öffentlich ausgetragenen Werbestriet wie zwischen Telekom und
MobilCom kein Hahn krähen. Entweder Guerillatatik oder schwache
Flanke suchen Der Marketingchef der Deutschen BA, Fred Geiger, rät
kleineren Mitbewerbern bei der vergleichenden Werbung auf zwei Schienen
anzugreifen: "Entweder Guerillataktik wie die MobilCom - oder die schwache
Flanke des anderen suchen". Denn eigentlich ist die ganze Werbung nur eine
Frage des Humors. Doch der ist bei den Deutschen bekannterweise eher spärlich
ausgeprägt. USA, das "Mutterland" der vergleichenden Werbung
Johannes Röhr aus der Geschäftsleitung von KNSK/BBDO bekennt,
daß die Werbewirtschaft von dieser Entwicklung überrollt wurde.
Er hat die Entwicklung in den USA, dem "Mutterland" der vergleichenden
Werbung, lange studiert. Sein Fazit: "Wenn ich bei meiner Abwehr eines
kleineren Konkurrenten dessen Namen nenne, dann nehme ich ihn für
voll und werte ihn auf. Das hat die Telekom gemacht, und das ist schlecht.
Telekom-Sprecher Fesenmair sieht das ganz anders: "Auf einen groben Klotz
gehört ein grober Keil".
Doch die Gemeinschaft der Kreativen ist sich einig. Wenn ein Marktführer
zu sehr auf einen Konkurrenten einschlägt, erzeugt er gerade in Deutschland
einen Mitleidseffekt. Ein Markenimage könne man mit vergleichender
Werbung schon gar nicht aufbauen, hieß es. Das neue Instrument sollte
von Kenner eingesetzt werden, und zwar wohl dosiert und fair. Es müsse
einen echten Vergleich beinhalten und dürfe nicht überschätzt
werden. Irreführung und Herabsetzung könnten als Schuß
nach hinten losgehen.
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